Hohe Teileverfügbarkeit für den Schiffsbau
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat die damals gegründete Brunvoll Motorfabrik erste Dieselmotoren und Schiffsschrauben für Fischerboote hergestellt. Nach einer Idee der Gjendemsjø-Brüder, zweier lokaler Fischer, begann das Unternehmen 1964 mit der Entwicklung und Herstellung von Tunneltriebwerken – nach wie vor ein gängiges Prinzip von Schiffsantrieben.
Die heutige Brunvoll Gruppe mit Sitz im norwegischen Molde steht mehr denn je für leistungsstarke Schiffsantriebe, zuverlässige Getriebe und innovative Steuerungselektronik. Rund 520 Angestellte an fünf Produktionsstandorten sorgen von der Entwicklung über die Fertigung bis hin zum Service für reibungslose Prozesse. In der Fertigung setzt Brunvoll seit einigen Jahren auf hochgradig automatisierte Prozesse – so auch bei einer autonomen Fertigungslösung mit einer NTX 3000 und einer Roboterautomation, die DMG MORI 2022 für das Unternehmen konzipiert hat.
Innovative Schiffsantriebe mit über 25 Jahren Laufzeit
Vom Fischerboot bis zum Kreuzfahrtschiff – Schiffsantriebe und Steuerungssysteme von Brunvoll sind weltweit im Einsatz. „Derzeit sind über 10.000 Einheiten in Betrieb“, veranschaulicht Magne Gøran Lyngstad, Vice President Process and Production Engineering, die breitgefächerte Anwendung der wichtigen Schiffskomponenten. 75 Prozent der Produktion sei für den Export bestimmt und das Produktspektrum werde ständig weiterentwickelt. „Pro Jahr fließen 70.000 Stunden in die Entwicklung von Innovationen.“ Die Zuverlässigkeit der Antriebssysteme ist so hoch, dass ihre Lebensdauer die der Schiffe übersteigt. „Über 25 Jahre sind hierbei üblich“, ergänzt Kjetil Hoem, Supervisor Investment Projects. Somit habe neben Entwicklung und Produktion – diese erfolgt nahezu vollständig inhouse – auch der Service eine große Bedeutung bei Brunvoll.
Pro Tag zwei mannlose Schichten dank intelligenter Automationslösungen
„Wir gewährleisten eine hohe Verfügbarkeit an Ersatzteilen, weil kurze Reaktionszeiten entscheidend sind“, erklärt Kjetil Hoem die hohe Servicebereitschaft. „Unser großes Produktspektrum bedingt eine enorme Teilevielfalt von Klein is Groß. Meist geht es um Losgrößen von unter 15 Teilen.“ Dies erfordere somit eine hohe Flexibilität seitens der Fertigung. Magne Gøran Lyngstad nennt einen Lösungsweg: „Mit intelligenten Automationslösungen können wir neben der herkömmlichen Schicht am Tag zwei mannlose Schichten auslasten und unsere Kapazitäten signifikant steigern.“ Bisher habe Brunvoll vornehmlich Bearbeitungszentren und Fräs-Drehmaschinen automatisiert. „Bei einer jüngeren Investition ging es erstmals um den Bereich von komplexen Drehteilen.“ Genau hier kam DMG MORI ins Spiel.
Automatisierte 6-Seiten-Komplettbearbeitung inklusive Vision-System
Die Automationslösung des Werkzeugmaschinenherstellers basiert auf dem modularen MATRIS-System und beinhaltetet eine NTX 3000, ein Fördersystem für Europaletten sowie einen FANUC-Roboter mit automatischem Wechsel der Greiferhände. Sieben Greiferhände finden in der Zelle Platz. Mithilfe eines 3D-Vision-Systems nimmt der Roboter Werkstücke von den Europaletten auf und spannt sie in die Maschine ein. Eine Zwischenablage erlaubt ihm, Werkstücke umzugreifen. Fertige Teile werden entnommen, in einer Waschstation gereinigt und wieder auf den Paletten abgelegt. „Je nach Bauteilgröße können wir die Werkstücke auf den Paletten mithilfe von Zwischenböden aus Holz in mehreren Etagen beladen. Der Roboter handhabt in diesem Fall auch diese Böden“, so Kjetil Hoem. Der gesamte Prozess werde über den bedienerfreundlichen MAPPS-Controller gesteuert. Das ganze System ist zudem vorbereitet für den Einsatz von fahrerlosen Transportsystemen (AGV), die Brunvoll in Zukunft für die Zu- und Abführung der Paletten nutzen möchte.
NTX 3000: leistungsstarke Dreh-Fräs-Bearbeitung mit 130 Nm
Die NTX 3000 hat Brunvoll ausgewählt, um Werkstücke mit Durchmessern von 45 bis 400 mm zu bearbeiten. Die maximale Länge der bis zu 120 kg schweren Teile liegt bei 400 mm. Das vielseitige Dreh-Fräs-Zentrum gewährleistet zudem eine 6-seitige Komplettbearbeitung, auch von komplexen Bauteilen. Darüber hinaus sind dank der leistungsstarken Dreh- Fräs-Spindel compactMASTER mit über 130 Nm Fräsoperationen wie auf einem Bearbeitungszentrum möglich. Die eingesetzten Werkzeuge sind mit einem Balluff- Chip versehen, sodass jederzeit die korrekten Werkzeugdaten in der Maschine eingelesen sind.
Maximale Flexibilität durch automatischen Spannbackenwechsel
Die höchst unterschiedlichen Werkstücke erfordern ebenfalls sehr unterschiedliche Spannsysteme. „Bei dieser Fertigungslösung war es essenziell, dass der Roboter auch Spannbacken wechseln kann“, schildert Magne Gøran Lyngstad eine der Herausforderungen. Hierfür habe DMG MORI ihn mit einem speziellen Greifer ausgerüstet und ein Regalsystem mit Platz für 60 Spannbackensätze zu je drei Backen in die Zelle integriert. Über einen Zuführbereich kann der Roboter die Spannbacken in die Roboterzelle holen und entweder einlagern oder sofort einsetzen. Das vom DMQP-Partner (DMG MORI Qualified Products) Schunk entwickelte Spannsystem ist explizit auf einen solchen automatischen Wechsel ausgelegt. Die Spannsysteme werden, wie auch die Greiferhände und Paletten, über ein RFID-System identifiziert, um absolute Prozesssicherheit zu gewährleisten. Dass Brunvoll DMG MORI mit der Konzeption und Installation der Automationslösung beauftragt hat, lag zum einen daran, dass alles aus einer Hand kam – mit einem Ansprechpartner, der alle Gewerke koordiniert hat. Zum anderen waren die attraktiven Anschaffungskosten ein wichtiger Punkt. Für die Konzeption der Fertigungslösung zeichnete ein Team in Japan verantwortlich. „Die Vorabnahme haben wir auch dort durchgeführt, um eventuelle Nachbesserungen leichter vornehmen zu können“, erinnert sich Kjetil Hoem. Seit der finalen Installation in Molde arbeite die automatisierte NTX 3000 mehr als zuverlässig.
Automation ermöglicht mehr Fokus auf Forschung und besseren Service
Die Kapazitätssteigerung durch eine mannlose Fertigung in der Nacht und am Wochenende ist für Brunvoll nur ein Argument, sich verstärkt auf automatisierte Fertigungssysteme zu konzentrieren. „Dass wir diese Herangehensweise nun auch im Drehen etablieren, kompensiert auch den Fachkräftemangel und personelle Engpässe“, begründet Magne Gøran Lyngstad den Einsatz derartiger Lösungen. „Wir nutzen das Potenzial unserer gut ausgebildeten Mitarbeiter für die Forschung und den Service anstatt für vergleichsweise einfaches Maschinenrüsten.“ Zwar habe Brunvoll eine gute Ausbildungsquote mit derzeit 40 Nachwuchskräften, jedoch könne man mithilfe einer zunehmend autonomen Produktion wesentlich unabhängiger und flexibler planen. „Automationslösungen unterstützen uns dabei, wettbewerbsfähig zu bleiben und nachhaltig zu wachsen.“
BRUNVOLL AS FACTS
- 1912 für die Herstellung von Dieselmotoren und Schiffsschrauben in Harøya, Norwegen, gegründet, seit 1918 am Standort in Molde
- 1964 Entwicklung und Fertigung von innovativen Tunnelantrieben
- 5 Standorte in Norwegen mit über 500 Mitarbeitern für die Herstellung von Schiffsantrieben inklusive Steuerungs- und Automationssystemen
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